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1. Theil 3 - S. 83

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 83 der Ermordeten zu weiden, dann vor das Thor, wo die Galgen standen, um den Leichnam des ehrwürdigen Admirals zu sehen, den man erst durch die Straßen geschleppt, dann ins Wasser geworfen, endlich auf Feuer gelegt und zuletzt halbverbrannt mit den Füßen an einen Galgen gehängt hatte. „Der Geruch eines Ketzers ist immer angenehm," sagte der König/ während der Pöbel den Leichnam Eoligny's röstete. — Man zwang gar die Kinder des Ermordeten, hinauszugehen und den gräßlich verunstalteten Leichnam des Vaters anzuschauen! Nur wenige Züge von Edelmuth hat die Geschichte aus diesen Tagen des Grausens aufbewahrt. Hier einer davon! Vezins, ein Edelmann, war der Nachbar Regniers, eines Hugenotten. Sie waren Feinde, und Vezins hatte diesem hundertmal schon den Tod gedroht. Jetzt zitierte Regnier, daß Vezins diese Gelegenheit wahrnehmen und ihn ermorden würde. Plötzlich schlug man seine Hausthür ein. Vezins war es, der in Begleitung zweier bewaffneten Bedienten mit bloßem Degen eintrat und dem zitternden Regnier mit barscher Stimme befahl, sogleich ihm zu folgen. Draußen standen vier Pferde; auch Regnier mußte aufsteigen und wurde, ohne daß Vezins ein Wort sprach, bis auf sein Landgut geführt. Als sie hier allein waren, sprach Vezins: „Siehe, nun bist du in Sicherheit! Ich hätte die Gelegenheit benutzen und mich rächen können, aber tapfere Leute müssen die Gefahr theilen; dazu habe ich dich gerettet. Wenn du willst, so sollst du mich bereit finden, unsern Streit auszufechten, wie es sich für Edelleute geziemt." Regnier erschöpfte sich in Danksagungen und bat ihn um seine Freundschaft. „Ich lasse dir," antwortete Vezins, „ganz die Freiheit, ob du mich lieben oder hassen willst, und ich habe dich eben hierher gebracht, um srei wählen zu können." Und ohne die Antwort abzuwarten, drückte er seinem Pferde die Sporen ein und flog davon. Nicht nur in Paris, sondern im ganzen Königreiche wurde auf des Königs Befehl die Ermordung der armen Hugenotten vollzogen, so viel man ihrer auffinden konnte. Die Leichname ließ man zum Theil unbegraben verfaulen; viele warf man in die Flüsse, so daß lange Zeit hindurch Niemand Flußwasser zu den Speisen gebrauchen und Fische essen wollte. Nur wenige Statthalter hatten Gewissen genug, sich der Ausführung des königlichen Befehls zu widersetzen. Der Commandant von Bayonne wagte es, dem Könige zurückzuschreiben: „Sire, ich habe Ew. Ma-

2. Theil 3 - S. 272

1880 - Stuttgart : Heitz
272 Reue Geschichte. 2. Periode. Rußland. horchte auf seine Erzählung. Einmal hatte er ihm auch von der Art, wie in andern Ländern die Soldaten.exercirt würden, erzählt. „Das willst du auch versuchen!" dachte Peter und geschwind errichtete er im Dorfe Preobraschenskoi bei Moskau eine Compagnie von 50 Knaben seines Mers, die er Poteschni (Spielkameraden) nannte und von Lesort, den er zum Hauptmann der kleinen Schaar machte, exerciren ließ. Er selbst diente als Gemeiner und erklärte, daß nur Verdienst, nie Geburt zu Auszeichnung berechtigte.*) Die jungen Adligen hielten es für eine Ehre, ein Poteschni zu sein, und bald hatte er so viele Rekruten, daß ein Theil in das benachbarte Dorf Semenow verlegt werden mußte. Aus dieser Preobraschenskischen und Semeuowskischeu Schaar entstanden die beiden gleichnamigen, heute noch bestehenden Garderegimenter. Sophia, deren Ehrgeiz so weit ging, daß sie sich Beherrscherin Rußlands nennen ließ, hatte anfänglich das vermeintliche Spielwerk dieser kriegerischen Uebungen ruhig angesehen; ja, es war rhr lieb, daß Peter, wie es ihr schien, in der Zügellosigkeit aufwuchs. Aber bald merkte sie, wie gefährlich ihr seine Poteschni werden könnten; sie mußte es erleben, daß Peter ihre Anmaßungen nicht länger dulden wollte. Er war nun 17 Jahre alt und bereits vermählt, mit Eudoxia Lapuchiu, der Tochter eines alten und reichen Bojarengeschlechtes. Seine äußere Erscheinung war impo-nirend; von Stirn und Auge leuchtete Würde, Kraft und Entschlossenheit. Sophia mußte einsehen, daß sie werde wählen müssen zwischen der Entsagung auf Macht und Herrschaft und zwischen dem Entschluß, ihre Stellung mit Gewalt zu behaupten. Sie entschied sich für das letztere. Es wurde beschlossen, den jungen Ezaren und seinen Anhang auszurotten; die Strelitzen sollten die Ausführung des Planes übernehmen. Allein Peter erhielt in der verhängnißvollen Stunde eine Warnung, er floh wieder nach dem schützenden Troizki und rief seine Poteschni und seine Freunde zum Beistände herbei. Sie kamen, vor allen Lesort und noch ein ausländischer Befehlshaber, Gordon, mit ihren Truppen. Die Strelitzen wagten den Angriff nicht. Sophia mußte sich unterwerfen *) Diesen Grundsatz hatte Peter zeitlebens, und dies allein schon wäre hinlänglich, die Richtigkeit seines Verstandes zu beweisen. Auch in späteren Jahren diente Peter einmal einen ganzen Monat lang als gemeiner Soldat und aß nichts als die vorgeschriebene Portion Grütze, Brot u. s. w. „Nun weiß ich doch," sagte er, „daß der Soldat dabei bestehen kann."

3. Theil 3 - S. 114

1880 - Stuttgart : Heitz
114 Neue Geschichte. 1. Periode. England. der Engländer Anton Babington (sprich Bäbingten), Schüler der Jesuiten in Rheims, kamen nach England, entwarfen einen Plan, Elisabeth zu ermorden, den Kerker Maria's zu sprengen, sie auf den Thron zu setzen und den evangelischen Glauben in England zu unterdrücken. Mehrere andere Katholiken werden in das Geheimniß gezogen. Aber die Verschworenen wissen nicht, daß schon alles verrathen ist. Ein treuloser Katholik hat alles den englischen Ministern verrathen, und ehe sie es sich versehen, werden sie gefangen gesetzt, und Ballard und Babington nebst 12 andern enthauptet. Man hatte bei ihnen Briefe vorgefunden, welche außer Zweifel stellen, daß Maria den Mord gebilligt, und daß sie mit den Verschworenen sonst einverstanden gewesen war. Ueberhaupt war Maria um Ausflüchte nie verlegen, und zeigte bei allen Verhandlungen mit Elisabeth eine geübte Heuchelei. Diese Verschwörung hatte Elisabeth aufs neue mit Entsetzen erfüllt; sie schauderte vor der Gefahr, in welche die verhaßte Maria sie gestürzt hatte, besonders da man immer neue Ränke und Verschwörungen, durch die sie ihre Freiheit erhalten wollte, entdeckte. Elisabeth erkannte, daß alle wiederholte Freundschaftsversicherungen nichts als Heuchelei waren. Graf Leicester rieth, sie heimlich durch Gift aus der Welt zu schaffen, aber rechtlichere Räthe erklärten ihren Abscheu davor. Zunächst wurde sie nach Fotheringhay (sprich Foderinghe) bei Peterborough gebracht und in engen Verwahrsam genommen; dann ein Gericht von 47 Lords niedergesetzt, welches ihren Antheil an der Verschwörung untersuchen sollte. Alle Anklagepunkte räumte sie ein; nur das leugnete sie hartnäckig, daß sie in die Ermordung Elisabeths gewilligt hätte. Diese Anschuldigung beruhte aus den Aussagen ihrer Schreiber Nau und Curle, welche versicherten, daß die Briefe echt wären, und mit denen Maria vor Gericht zusammengestellt zu werden bat, wo sie dann gewiß ihre Aussagen zurücknehmen würden. Aber dies wollten die Richter vermeiden und schlugen der Maria ihr Begehren ab. Endlich sprachen sie (25. October 1586) das Todesurtheil über Maria aus, und sobald das Parlament es bestätigt hatte, wurde es ihr bekannt gemacht. Sie empfing die Nachricht mit vieler Fassung und dankte Gott für die Gnade, die er ihr erwiese, indem er ihren zwanzigjährigen Qualen ein Ende setzte; denn sie wurde wirklich im Gefängniß streng behandelt. Es fehlte ihr oft an den Sätteln, die nothwendigsten Bedürfnisse zu befriedigen. Ihre Hüter erhielten nun Befehl, alle Zeichen der königlichen Würde, ihren

4. Theil 3 - S. 117

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts letzte Tage. 117 bei ihrer Hinrichtung zugegen seien, und daß nach ihrem Tode ihr Körper in Frankreich in heiliger Erde solle begraben werden." Sie beschwor Elisabeth um die Bewilligung dieser und einiger anderer kleiner Gefälligkeiten bei ihrer nahen Verwandtschaft, bei der Seele und dem Andenken Heinrichs Viii., ihres gemeinschaftlichen Vorfahren, und bei der königlichen Würde, an welcher sie beide gleichen Antheil hätten. Elisabeth — gab ihr keine Antwort darauf, vielleicht weil ihr der Brief nicht übergeben worden war. Sobald die Verurtheiluug der Königin von Schottland bekannt wurde, machten auswärtige Monarchen der Elisabeth die dringendsten Vorstellungen. Namentlich verwandten sich der König von Frankreich, Heinrich Iii., und Maria's Sohn, Jakob Vi. von Schottland, für Maria. Gewiß machten diese Verwendungen zweier Könige, die Elisabeth zu schonen hatte, auf dieselbe Eindruck. Aber auch die Erinnerung an ihre durch das Henkersbeil ihr entrissene Mutter mußte sie zur Milde und zur Vermeidung des Aenßersten stimmen. Auf der andern Seite fah sie, so lange ihre Feindin lebte, kein Ende ihrer Sorgen und ihrer Gefahr, und die neue Verschwörung der Katholiken gegen ihr Leben, welcher der französische Gesandte nicht fremd gewesen zu sein scheint, erhielt sie in beständiger Aufregung. Dazu kam, daß das Volk und das Parlament sich für die Hinrichtung Maria's deutlich ausgesprochen hatten. Wir müssen uns daher ihren Gemüthszustand als sehr peinlich vorstellen, und ihr Benehmen zeigte deutlich, daß sie zu keinem Entschluß kommen konnte. Man sah sie oft allein und nachdenkend, bald schweigend, bald halbverständliche Reden bei sich murmelnd. Endlich ließ sie ihren Seeretair Davison (Devisen) rufen und befahl ihm, einen Befehl zur Hinrichtung der Königin aufzusetzen, um auf den Fall, wenn wieder ein Versuch, Maria zu befreien, gemacht würde, oder fremde Truppen landeten, davon Gebrauch zu machen. Sie unterschrieb ihn und befahl dem Davison, von dem Kanzler das Siegel darunter drücken zu lassen. Am folgenden Tage ließ sie ihm sagen, die Vollziehung noch aufzuschieben, und als Davison ihr meldete, daß das Siegel bereits darunter wäre, schien sie etwas unwillig, ohne aber sich deutlich zu erklären. Der Secretair wußte nicht, wie er das verstehen sollte, und fragte die Mitglieder des geheimen welche von allem menschlichen Trost und Beistand verlassen, sich blos auf Gott allein verläßt." Heinrich von Gnise wurde ein Jahr nach Maria's Tode ermordet.

5. Theil 3 - S. 130

1880 - Stuttgart : Heitz
130 Neue Geschichte. 1. Periode. England. unter ihm muß erwähnt werden, die seine Regierung merkwürdig gemacht hat, der Pulververschwörung (1605). Es hatten nämlich die Katholiken in England große Hoffnungen auf Jacob I., weil er der katholischen Maria Stuart Sohn war, gebaut. Diese Hoffnungen sahen sie aber nachher nicht erfüllt, und sie beschlossen, sich auf eine ausgezeichnete Weise an ihm zu rächen. Damit aber zugleich alle, von welchen die Gesetze gegen die Katholiken ausgegangen waren, vernichtet würden, so sollte das Parlament an dem Tage, an welchem der König es durch eine Rede, wie gewöhnlich, eröffnete, durch Pülver in die Luft gesprengt werden. Dann wollten sie sich der kleinen Tochter des Königs, Elisabeth (nachmals Gemahlin des unglücklichen Kurfürsten von der Pfalz, Friedrichs V.), bemächtigen und sie zur Königin ausrufen. Gesagt, gethan! Einer der Verschworenen, Pi er cy, miethete ein Haus neben dem Parlamentsgebäude, um durch seinen Keller in den dieses Gebäudes durchzubrechen. Allein dieser Mühe bedurfte es nicht einmal; denn der Keller des Parlamentshauses sollte gerade vermiethet werden und Piercy miethete ihn. Die Verschworenen gingen nun rasch ans Werk. Sechsunddreißig Tonnen Pulver werden hineingebracht und mit Reisern und Büschen wohl bedeckt; Alles ist schon bereitet, die Lunten liegen fertig und der Tag, an dem sich das Parlament versammeln soll, rückt heran. Zehn Tage vorher aber erhielt Monteagle (sprich Montigel), ein Katholik, folgendes Billet von unbekannter Hand: „Mylord, aus Liebe, die ich für einige Ihrer Freunde habe, bin ich für Ihre Erhaltung besorgt. Ich rathe Ihnen also, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, einen Vorwand zu erfinden, um bei diesem Parlamente nicht erscheinen zu dürfen; denn Gott und Menschen haben sich vereinigt, die Bosheit dieser Zeit zu bestrafen. Verachten Sie diese Warnung nicht, sondern gehen Sie auf Ihr Landgut, wo Sie den Ausgang ruhig abwarten können; denn obgleich kein Aufruhr vorhanden zu sein scheint, so sage ich Ihnen doch, daß dieses Parlament einen schrecklichen Streich empfangen und doch nicht sehen wird, von wannen er kommt. Diesen Rath müssen Sie nicht verachten, weil er Ihnen nützen und nicht schaden kann; die Gefahr wird so geschwind sein, als Sie diesen Brief verbrennen." Monteagle erschrak. Er begab sich zum Staatssecretär, und dieser zum Könige, und alle waren der Meinung, daß die letzten Worte auf eine Pulverexplosion deuteten. Sogleich wurde eine Untersuchung der Parlamentshäuser anbefohlen. Graf Suffolk,

6. Theil 3 - S. 301

1880 - Stuttgart : Heitz
Anna Jwanowna. 301 will machen," rief Peter mit dem Fuße stampfend, „daß du wissen sollst, daß ich Kaiser bin und daß ich Gehorsam verlange!" Bald darauf gelang es Menfchikows Feinden, den Kaiser ganz gegen ihn einzunehmen; es wurde ihm Arrest angekündigt, und er endlich verurteilt, fein ganzes übriges Leben in Beresorv, einem Städtchen in Sibirien, zuzubringen. Seine Frau, die sich blind geweint hatte, starb aus der Reise. Auch seine Tochter, die er zur Kaiserin bestimmt hatte, tödtete bald der Gram. Er selbst verfiel in Trübsinn und starb schon zwei Jahre nach seiner Verbannung (1729). Indessen hatten die Dolgorucki sich alles Einflusses auf den jungen Kaiser bemächtigt und ihn bewogen, eine Schwester seines Günstlings Iwan zu seiner künftigen Gemahlin zu erwählen. Aber auch sie erreichten ihren Zweck nicht — Peter starb schon 1730 an den Blattern. Mit Peter war der Mannsstamm der Romanow's ausgestorben. Außer den vorerwähnten beiden Töchtern Peters des Großen gab es am russischen Hose noch zwei zur Thronfolge berechtigte Prinzessinen: die Töchter Iwans, des schwachsinnigen Stiefbruders Peters des Großen. Die ältere, Katharina, war vermählt mit dem Herzoge von Mecklenburg-Schwerin und eignete sich als Gemahlin eines auswärtigen Fürsten nicht wohl zur Thronfolge. Die jüngere dagegen, Anna Jwanowna, Wittwe des Herzogs von Kurland, schien dazu am besten geeignet und wurde auch von dem Senate und den russischen Großen zur Kaiserin gewählt. Anna Jwanowna (1730—40) bestieg zwar den russischen Thron, mußte aber zugleich eine sie sehr beschränkende Wahlcapi-tulatiou unterschreiben. Sie that es ohne Bedenken, entschlossen, diese Schranke ihrer Selbstständigkeit zu zerbrechen, sobald die Umstände es ihr erlauben würden. Nachdem sie die Garde für sich gewonnen und unter dem niedern Adel eine starke Partei zusammengebracht hatte, beschloß sie zu handeln. Besonders bediente ‘sie sich dabei des Rathes zweier wichtiger Männer, beide geborene Deutsche: des Vicekanzlers Ostermann, eines Predigersohnes aus Westfalen, und des Feldmarschalls Münnich, Sohn eines ostsriesischen Deichinspectors aus Oldenburg. Als sie in der dritten Woche nach ihrer Thronbesteigung nach Moskau zur Krönung kam, überreichten ihr 600 Edelleute, an deren Spitze drei russische Fürsten standen, eine Bittschrift des Inhalts, daß das Volk die Wiederherstellung der unumschränkten Regierung wünsche. Anna stellte sich erstaunt;

7. Theil 3 - S. 367

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. zessin vor Münnich als einem sehr gefährlichen Manne hatte warnen lassen. Dieser zog sich nun vom Hofe zurück. Die Prinzessin Elisabeth hatte indessen in scheinbarer Freundschaft mit der Reichsverweserin gelebt und schien allen Ansprüchen auf die Krone entsagt zu haben. Sobald sie aber hörte, daß der von allen, auch von ihr, gefürchtete Münnich ins Privatleben getreten sei, ließ sie sich von ihren Anhängern bereden, 1741 eine Thronveränderung vorzubereiten. So besuchte sie öfters die Kasernen der Garde, sprach freundlich mit den Soldaten, erlaubte manchem derselben hinten auf ihren Schlitten zu treten, wenn sie in den Straßen umherfuhr, und das gefiel. Ihr vorzüglichster Rathgeber war dabei ihr Wundarzt, L'estocq, ein Hannoveraner. Dieser hatte gehört, daß die Prinzessin Anna bereits Verdacht schöpfte, kam also eines Morgens zu Elisabeth und überreichte ihr eine Karte, auf deren einer Seite er sie mit der Krone auf dem Haupte, auf der andern aber mit einem Nonnenschleier abgebildet hatte, und dabei Rad und Galgen für ihre Anhänger. Er drang in sie, ja nicht länger zu säumen, das erstere zu wählen, weil sonst das letztere unfehlbar ihr Loos sein würde. Sie, obgleich von Natur träge, willigte endlich ein und begab sich des Nachts (24.—25. Nov.) mit ihm und dem Kammerjunker Woronzow in die Kaserne der Preobraschenskischen Gardegrenadiere. Hier brachte sie einen Theil der Soldaten gleich auf ihre Seite und ließ dann durch Woronzow und L'estocq mit Hülfe der Soldaten den Prinzen und die Prinzessin von Braunschweig nebst dem kleinen 1 ^jährigen Kaiser Iwan im Winterpalaste verhaften, nachdem dieser nur ein Jahr und einen Monat den Thron besessen hatte. Auch Münnich, Oftermann und andere hohe Staatsbeamte wurden gefangen gesetzt. Am andern Morgen beschied sie den Senat und die höchsten Beamten zu sich, theilte ihnen das in der Nacht geschehene mit und wurde von ihnen anerkannt. Das Volk vernahm das Ereigniß mit stiller Trauer und erst nach und nach fand es sich in die Veränderung. Elisabeth (1741—62) eilte, alle jene Gefangene zu verur-' theilen, obgleich sie kein anderes Verbrechen begangen hatten, als der Prinzessin Anna treu gedient zu haben. Münnich wurde zur Viertheilung, Ostermann zum Rade, noch andere zur Enthauptung verurtheilt; doch wurde allen das Leben geschenkt; Ostermann erfuhr dies erst, als er schon das Haupt aus den Block gelegt hatte. Alle wurden nach Sibirien geschickt. Münnich be-

8. Theil 3 - S. 371

1880 - Stuttgart : Heitz
Peters Iii. Tod. Katharina Ii. 371 nach der gegenüberliegenden Insel und Festung Kronstadt segeln, deren Garnison sich noch nicht entschieden hatte, und sich der dortigen Flotte bemächtigen. Während Peter noch schwankte und dadurch Zeit verlor, kam die Nachricht, die Kaiserin sei in Anmarsch mit 20,000 Soldaten. In Hast schiffte sich Peter mit seinem Gefolge nach Kronstadt ein. Hier hatte sich indessen alles geändert; die Soldaten waren für die Kaiserin in Eid und Pflicht genommen, und als die Jacht, auf welcher der Kaiser sich befand, anlegen wollte, rief die Schildwache: „Wer da!" — „Der Kaiser!" antwortete man vom Schiffe. „Es giebt keinen Kaiser mehr!" —Bei diesem Ruse springt Peter vor, schlägt seinen Mantel auf, um seinen Ordensstern sehen zu lassen, und ruft: „Ich bin es selbst! Kennt ihr mich nicht?" Aber die Wache hält ihm die Bajonnete entgegen und droht Feuer zu geben, wenn er sich nicht augenblicklich entferne. „Fort mit dem Schiff! Hoch lebe Katharina!" schreit die an der Küste stehende Menge. Peter sinkt in die Arme seiner Begleiter und sagt weinend: „Die Verschwörung ist allgemein; seit dem ersten Tage meiner Regierung habe ich es so kommen sehen!" Die Barke blieb während der Nacht auf der See. Katharina war mit ihren Regimentern die Nacht zwischen Petersburg und Peterhof geblieben. Indessen zeigte sich der unglückliche Kaiser ganz rathlos; noch einmal verlangte er Münnichs Rath. Dieser meinte, noch fei nichts verloren; er solle nach Preußen fliehen zu seinem dort stehenden Heere und mit demselben zurückkehren ; aber Peter konnte sich auch nicht dazu entschließen, sondern befahl, ihn bei Dranienbaum ans Land zu setzen, um mit Katharina zu unterhandeln. Er ließ sie bitten, ihn nach Holstein zu entlassen. Statt der Antwort sandte sie eine Entsagungsacte, die er zu unterzeichnen habe. Er unterschrieb ohne Weigerung und wurde zu Wagen nach Peterhof, von hier nach einem Landgute, sechs Stunden von Petersburg, geführt. Aber die Anhänger der Kaiserin hielten den Tod des entthronten Fürsten zur Sicherung ihrer Pläne für nothwendig. Alexei Orlow begab sich mit einigen andern Verschworenen zu dem Gefangenen und unter ihren Händen endete er am 17. Juli sein Leben. Von Katharina ist der Befehl zu dieser schrecklichen That nicht ausgegangen, aber daß sie straflos bleiben würden, haben die Männer, welche sie vollbrachten, wohl gewußt. Am andern Tage wurde bekannt gemacht, daß der gewesene Kaiser an einem Ansalle von Kolik, an welcher er bisweilen litt, gestorben sei.

9. Theil 3 - S. 375

1880 - Stuttgart : Heitz
Potemkin. 375 der Große Einspruch gethan hätten. Diese wollten die nnverhält-nißmäßige Vergrößerung Rußlands nicht zugeben und drohten, den Türken beizustehen, wenn sie nicht gleich Friede machte. So ungern sie dies auch that, so mußte sie doch nachgeben, den Frieden von Jassy (1792) unterzeichnen und mit einer kleinen Vergrößerung zwischen Bug und Dniester zufrieden sein. Die Herrschaft über die Krim, welche Rußland errungen hatte, blieb anerkannt. Katharina hatte die Schwachheit, die wir auch von Elisabeth von England erzählt haben, daß sie stets einen der russischen Großen als Günstling vorzüglich auszeichnete. Keiner unter diesen hat aber eine größere Macht erhalten und tiefer auf Rußlands Schicksal eingewirkt, als Fürst Potemkin. Er stammte aus einer herabgekommenen Adelsfamilie und hatte als Wachtmeister der kaiserlichen Garde zu Pferde an der Entthronung Peters Iii. Theil genommen. Bald zog er die Aufmerksamkeit der Kaiserin auf sich, als er gleich nach ihrer Thronbesteigung sie in Uniform durch die Glieder der Garde reiten sah, an ihrem Degen keine Quaste bemerkte, und ihr die seinige knieend darreichte; er stieg nun schnell von Stufe zu Stufe, bis er von 1768 an ihr erklärter Günstling war. Er wurde in den Grafenstand, vom deutschen Kaiser in den Fürstenstand erhoben; er wurde Feldmarschall und ein Zeit lang war er der die ganze Regierung leitende Minister. Seine Macht war so unbeschränkt, daß er sich alles erlauben konnte, und Katharina selbst mit empörendem Uebermuthe behandelte. Eine Zeit lang wohnte er im kaiserlichen Palaste, und da war es nichts seltenes, daß er im Schlafrocke, mit fliegenden Haaren und mit bloßen Füßen in ihr Zimmer kam. Daß sie solche zuweilen ganz maßlose Kühnheit geduldet habe, scheint unglaublich; aber er war ihr unentbehrlich geworden. Sie wußte wohl, daß viele Große ihr gram waren, und hätte sich Potemkin zu ihnen geschlagen, so hätte das für sie sehr gefährlich werden können, während auf der andern Seite der Schrecken, mit welchem er das ganze Reich erfüllte, jeden Gedanken an Aufruhr niederschlug. Manchmal mag sie im Stillen über die Tyrannei geseufzt haben, aber sie fand in der Unbezwinglichkeit seines Wesens und in der Energie seiner Handlungsweise eine Stütze ihres Thrones. Größe der Seele fehlte ihm gänzlich; er kannte nichts höheres als äußeren Glanz, nach dem er daher gierig haschte. Dabei war es ihm eine Freude, jeden andern persönlichen Vorzug gewaltsam niederzudrücken, vor-

10. Theil 3 - S. 238

1880 - Stuttgart : Heitz
238 Neue Geschichte. 2. Periode. England. Menschen sonst nicht selten im Alter geschieht. Er wurde ernsthaft, schloß sich an die strengsten Puritaner an, lebte ordentlich und erbot sich, alle im Spiel gewonnenen Summen zurück zu bezahlen. Von nun an war sein Haus der Sammelplatz aller eifrigen Geistlichen seiner Partei; aber seine Freigebigkeit gegen sie brachte ihn in Schulden. Er suchte sich durch eine kleine Pachtung zu retten, sank aber immer tiefer in Schulden, weil er, anstatt die Hände zu rühren, Morgens und Abends stundenlang auf den Knieen lag und seine Einbildungskraft mit Erscheinungen und Offenbarungen nährte. So nahm seine Schwärmerei von Tage zu Tage zu und sein Vermögen immer mehr und mehr ab. Schon wollte er nach Amerika auswandern, als der Hof die Abfahrt verbot. Endlich wurde er zum Parlamentsmitglied gewählt. Aber nichts verrieth hier den Mann, der sich nachher so auszeichnete. Er war groß, aber uube-hülflich, hatte weder Anstand noch Sitten, kleidete sich nachlässig und hatte eine gemeine, undeutliche und verwirrte Sprache. Als aber der Bürgerkrieg ausbrach, zeigte sich bald sein großes Talent. Er warb ein Regiment aus Pachterssöhnen an und theilte ihnen bald seine Schwärmerei mit, die bekanntlich bei schlecht unterrichteten Leuten ansteckend ist. Er war zugleich ihr Prediger und ihr Anführer, und sein und der Seinigen wilder Enthusiasmus verrichtete Wunderdinge. Bald sahen alle auf ihn, und ganz England sprach von dem Pachter Eromwell mit Begeisterung. Man wählte ihn zum Anführer des ganzen Heeres. Aber zugleich wurde er auch das Haupt einer neuen religiösen und politischen Sekte, der Independenten. Er und seine Anhänger behaupteten, alle Menschen müßten gleich sein und daher weder ein König noch der Adel herrschen; jeder könne glauben, was er wolle; aber keine Obrigkeit müsse sich um die Kirche bekümmern, und jede Gemeinde habe das Recht, ihre Prediger selbst zu erwählen und einzusetzen; jeder könne ein Geistlicher werden u. s. w. Fast das ganze Heer wurde nach und nach von diesen Freiheitsgrundsätzen angesteckt, und die Seele des Ganzen war Eromwell. Ist einmal ein Heer von einem großen Gedanken begeistert, gleichviel, ob er richtig oder falsch ist, so ist ihm nicht leicht zu widerstehen. So auch hier. Der>König, so glücklich auch im ersten Kriegsjahre sein Vetter, Prinz Rnppert von der Pfalz, gefochten hatte, und sein Anhang wurden fast überall geschlagen; auf der einen Seite hatte er die Schotten, auf der andern die Independenten zu bekämpfen. Die entscheidendste Niederlage erlitt er bei
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